Kurzgeschichte, Szenen eines Tages

Rühreifrühstück? – Kannste vergessen!

Rühreifrühstück

Es war ein frischer Morgen in Berlin, und die Sonne machte sich gerade daran, das triste Grau der Nacht zu vertreiben. Ich hatte gerade den Mietwagen zurückgegeben, mit dem ich mit ein paar Freunden am Wochenende unterwegs gewesen war. Es war gerade mal sieben Uhr in der Früh und ein paar Vögel zwitscherten, als ich an einem Bäcker vorbeikam.
Die knallrote Werbetafel neben den drei Bistro-Tischen vor der Tür fiel mir sofort auf: „Rühreifrühstück hier! – 6,50 € mit Kaffee“ stand dort in großen Buchstaben, untermalt durch ein Foto einer wirklich lecker angerichteten Eierspeise.

Ein Rühreifrühstück war genau das Richtige für diesen Tag. Mit voller Vorfreude und um das Knurren meines Magens zu beenden, trat ich entschlossen durch in den kleinen Laden. Die Einrichtung war ähnlich sparsam wie die Auslage.

„Morgen!“, begrüßte mich der Bäcker hinter dem Tresen mit der gewohnt schnoddrigen Berliner Schnauze und zwang sich ein Hauch eines Lächelns ab.

„Guten Morgen! Ich hätte gerne ein Rühreifrühstück und eine Tasse Kaffee, bitte“, sagte ich besonders freundlich und lies meinem Blick über die Tageszeitung huschen, die an der sonst leeren Garderobe auf lesende Gäste warte. Die beiden einzigen Tische am Fenster, das dringend mal geputzt werden musste, gähnten mich an.

Der Bäcker schaute, als hätte ich ein 3-Gänge-Menü bestellt. „Hab’ ich nicht“, flappste er mit einem Schulterzucken.

„Wie bitte?“

„Na, dit mach ick hier nicht“, wiederholte er. „Dat Rühreifrühstück, dit gibbet hier nicht.“

Ich starrte ihn an, verwirrt. „Aber draußen auf der Werbetafel steht doch ganz klar: Rühreifrühstück!“, entgegnete ich, während ich auf das Schild deutete, das noch immer eindeutig mit seinem Angebot lockte.

„Na, ick bin alleene hier, dit mach ick nicht. Is‘ halt nicht in jeder Filiale.“ Der Bäcker rollte mit den Augen, drehte sich um und begann, Brötchen in die Auslage zu legen.

Mein Magen knurrte wieder, und ich merkte, wie die Geduld langsam schwand.
„Aber … auf dem Schild draußen steht doch: Hier Rühreifrühstück! Wie passt das zusammen?“

Der Bäcker schaute mich jetzt mit einem Ausdruck an, als wäre ich der erste Mensch auf diesem Planeten, der diese unfassbare Frage stellte. „Dit steht da nur als Trennung zum Nachbarn. Wenn ick die Tafel hier nicht hinstelle, dann guckste beim Nachbarn auf die Beinscheiben und Zungenwurst Und dit, will hier ooch keiner sehen.“

Ich brauchte einen Moment, um das Gehörte zu verarbeiten. Es war früh, ich hatte noch keinen Kaffee, mein Magen protestierte lauthals. Ihm Vorbeigehen hatte ich tatsächlich eine Fleischerei gesehen. „Aha! Also ist das Rühreifrühstück quasi ein Sichtschutz?“

Der Bäcker grinste frech. „Ja, genau! Wat für’n kluger Kopp!“

„Und, was macht man, wenn ich nun wirklich das angekündigte Rührei möchte?“ fragte ich jetzt ein bisschen schmunzelnd.

„Wat für’n Rührei!“, sagte er, „hier gibts Brötchen mit Ei oder Croissants. Dit Rühreifrühstück – kannste vergessen!“

Ich schüttelte den Kopf und bestellte ein Croissant und nen Kaffee.

„1,80 macht dit“, sagte der Bäcker, schob mir den Becher Kaffee hin und zwinkerte.

Berlin halt. Beim Gehen schaute ich noch einmal etwas wehmütig auf das wirklich lecker aussehende Rührei auf der Werbetafel.